Friedrich Salomo Krauss und sein umfängliches und weitgefächertes Werk sind heute weitgehend unbekannt, am ehesten noch kennt man den Autor, was Südeuropa betrifft, vermutlich im Bereich der südslawischen Folklorik zum Beispiel durch seineSlavischen Volksforschungen (Leipzig 1908, Nr. 480 der Bibliographie). Das Spektrum seiner Arbeiten und seiner Editionstätigkeit reichte darüber hinaus bis zum Geschlechtsleben in Glaube, Sitte und Brauch der Japaner (1907). Der in Slovanska Požega in einer jüdischen Familie geborene, seit seinem Studium in Wien lebende Krauss gehört, so Walravens zu Beginn seiner »Einleitung«, mit Sicherheit »zu den fleißigen und eigenwilligen, sicherlich auch zu den bekannten und meist geschmähten Gelehrten« (S. 13), der sein Leben als Privatgelehrter durch unterschiedliche Tätigkeiten bestreiten musste. Da für die Publikation von Texten aus der erotischen und skatologischen vor allem südslawischen Volkstraditionen ein Publikumsorgan fehlte, gab er das Jahrbuch Anthropophyteria 1904 bis 1913 wie weitere Arbeiten als Privatdruck heraus. Die gegen ihn gerichteten zahlreichen Prozesse wegen angeblicher Unsittlichkeit trieben Krauss letztendlich in den finanziellen Ruin. Die in die Einleitung aufgenommenen biographischen Materialien verdeutlichen das Leben und die Interessen aber auch die Probleme, die die Umwelt diesen Zeitgenossen Freuds, dessen Umfeld man Ihm zuordnen kann, bereitet ist.
Walravens hat in chronologischer Ordnung in bibliographischer Kärrnerarbeit 655 selbstständig und unselbstständig erschienene Titel einschließlich Rezensionen mit möglichst vollständigen Angaben ermittelt und Krauss´ Werk damit erstmals vollständig, durch ein Namen- und ein Titelregister erschlossen, bibliographisch rekonstruiert. Er bezieht verdienstvollerweise (so Nr. 623–624) angekündigte, aber nicht erschienene Titel in die Bibliographie ein, vermeiden solche Informationen doch doppelte Sucharbeit. Enthaltene Texte erschließt er durch Anführung beim jeweiligen Titel, wobei nur auf den ersten Blick stört, dass die Nummerierung der enthaltenen Titel bei den Nummern 371 bis 381 – dem Original entsprechend – in Konkurrenz zur Nummerierung der Gesamtbibliographie durchläuft. Im Anfang dokumentiert Walravens die – insgesamt schmale – »Literatur über Krauss« sowie (nicht immer bibliographisch nachweisbare) Titel seiner Verlage, an denen Krauss nicht als Autor als Herausgeber beteiligt war.
Walravens´ vorzügliche Personalbibliographie erschließt in anders so nicht möglicher Weise das Werk des ungemein fleißigen und kreativen Wissenschaftlers, Volkskundlers und Schriftstellers und mit ihm auch vergessene und verdrängte Aspekte der Kulturgeschichte der von ihm untersuchte Völker. Ein geographisches Register hätte die Arbeit abgerundet. Dem Verlag ist für die Herausgabe des Bandes zu danken, der zeigt, was bei richtiger Konzeption und vertiefter Inhaltserschließung die oft als »altmodisch« geschmähte klassische Personalbibliographie leisten kann.
W. K. in ABDOS-Mitteilungen 31 (2011), Nr. 1–2