Durch die Falschmeldung des angeblich vergewaltigten Mädchens sind die Russlanddeutschen auch im Deutschlandfunk in den Fokus einer manchmal aufgeregten Diskussion um Asyl, Migration und Flüchtlinge in Deutschland geraten. Dabei sind die Russlanddeutschen eine Bevölkerungsgruppe, die seit dem Zusammenbruch des Zarenreiches und nach dem Ende der beiden Weltkriege eine große Rolle in Deutschland besonders in Berlin spielten. In den Jahrhunderten davor spielten deutsche Einwanderer in Russland eine große Rolle, die ihren Niederschlag in zahlreichen Novellen fanden, so zum Beispiel bei Tschechow, dessen Figuren in seinen Erzählungen oft der russischen Sprache wenig mächtig waren. Unattraktiv und ohne Humor erfüllten sie ein gewisses Rollenbild, was auf Deutsche in der Gesellschaft hinwies. Viele dieser Russlanddeutschen, z.B. die Wolgadeutschen und dem zu Folge die Kasachen, die als Russen betitelt von dem ehemaligen Kanzler Kohl in Land geholt wurden mit dem Motto der Politik dieser Tage das Tor ist offen. Sie verfügten oft über deutsche Wurzeln. Nur die ältere Generation sprach oft ein – wenn auch altmodisches Deutsch. Begeistert wurden diese Russlanddeutschen nicht aufgenommen. Sie mussten ihre deutsche Herkunft beweisen, da nach deutschem Recht eine solche Abstammung immer noch der beste Beweis für eine barrierefreie Aufnahme war. Aber trotz der in der Sendung gegenteiligen Behauptung verlief die Integration dieser Bevölkerungsgruppe ruhig, ja manchmal sogar beschämend, wenn z.B. Maria Kabo in ihrem Buch Die Bibliothek als Integrationsfaktor ISBN 978-3-940862-09-9 darauf hinwies, dass wir es bei den Migranten aus russischen Ländern mit einem Lesevolk zu tun haben, denen lediglich die digitale Kompetenz fehlt und die in den Bibliotheken ein Stück Heimat suchten.

Es gibt also zwischen den Russlanddeutschen und der hiesigen Bevölkerung eine tief liegende historische Verbindung, deren Wirkung nicht unterschätzt werden sollte. Russische Emigranten nach Deutschland erfuhren aber mit nichten nur ein Bruchteil der Hilfe , die heute für die Migranten aufgewendet wird, ja man drohte, wenn Arbeitslosigkeit eintritt mit Abschiebung. Wie will man das eigentlich begründen, wenn eine gute ausgebildete hochkultivierte Russlandsdeutsche abgeschoben wird, aber aus dem arabischen Raum Flüchtlingen hier eine, wenn auch nicht erfreuliche so doch sichere Existenz erhalten. Russlandsdeutsche haben Deutschland und nicht zuletzt Berlin, dessen Stadtteil Charlottenburg einen russischen Namen erhielt,. kulturelle und sozial weiter entwickelt, nicht allein Nabokov sondern unzählige Obskure, deren Namen wir nicht kennen und die in einem Film bei Arte zur Jahreswende 2013 bilderreich dokumentiert wurden.

Viele Deutsche wie auch die Leiterin dieses Verlages konnten nach dem Fall der sogenannten Mauer mit russischen Kollegen Kontakt aufnehmen und sie war immer wieder beeindruckt, mit welcher Offenheit, Freundschaft jenseits jeglicher Sentiments die russischen Partner auf sie zukamen. Es gehört zu den sehr traurigen Konsequenzen der heutigen Politik, dass diese Freundschaften nicht aufrecht gehalten werden konnten. Wir alle , Freunde der Russlanddeutschen und des russischen Volkes sollten uns nicht beirren in unserer Suche nach Freundschaft und Verständnis mit einem Volk, dessen Führer sich einst mit den Herrschern Deutschlands auf vielerlei Arten verbunden hatten. Aber die Kontakte wirkten auf vielerlei Ebenen und auf vielerlei Arten. Sie gehören zur Geschichte Russlands und Deutschlands, wir sollten das nie vergessen.