Die Jahrestagung der Gesellschaft für Musikforschung vom 17.-21. September 2013 fand in der Hochschule Carl Maria von Webern, Dresden unter der freundlichen und effizienten Leitung von Professor Dr. Manuel Gervink und seines Assistenten Peter Motzkus, MA statt. Das Symposium Klang und Semantik in der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts warf interessante Blicke auf die Moderne Musik (Nicht Neue Musik, wie sie Prof. Petersen )definiert, wie zum Beispiele der Einfluss der Linguistik, in erster Linie von Levy Strauss und anderen, die der Sprache der Dinge (chosage) das Brabbeln der Komponisten entgegen gesetzt haben. Auch Paul Hindemiths Unheimliche Aufforderung 1923 mit einem Text aus einer Imkerzeitung passte in dieses Thema, denn unter der Maske der Ironisierung, die sich in erster Linie gegen Strauss richtet, werden wieder Gefühle sichtbar. Hindemith ist zurZeit aus den Konzertsälen Berlins weitgehend verschwunden. (Desto erfreulicher war es, am Wahlsonntag in der Alten Feuerwache in Berlin die Sonate für Flöte und Klavier zu hören) . Das ist schade, denn man sollte diesen Komponisten, der aus Deutschland auswandern musste, nicht gänzlich dem Ausland überlassen.

Die Musikethnologie, Ethnomusikologie, Vergleichende Musikwissenschaft war bis in die 70 er Jahre hinein das Schmuddelkind der Musikwissenschaft. Musikethnologen waren dort nicht vertreten. Das mag mit der damaligen Zeit und der damaligen Vertretung in dieser Gesellschaft zusammenhängen, deren Abgrenzung zu den einzelnen Richtungen der Musikwissenschaft in Musik ethnologie und Systematische Musikwissenschaft oberste Priorität hatte.Der Musikhistoriker konnte sich getrost mit dem vermeintlich Höchsten, Hehrsten identifizieren, das menschlicher Geist auf diesem Gebiet hervorgebracht hatte und seine Position war durch wissenschaftlichen Befund beglaubigt. Der Musikethnologe hingegen nahm, entsprechend dem Inhalt seines Fachs,, auch selber einen anderen Rang ein (primitive Lautäußerungen, nach Dahlhaus)

Diese Diskussion hat die Ethnomusikologie, Kulturelle Anthropologie der Musik, die Kulturelle Musikwissenschaft, die Musikethnologie, die Transcultural Music Studies und die Vergleichende Musikwissenschaft bis heute nicht verlassen, wie die divergierenden Namen des kleinen Faches zeigen. Daher hatte Julio Mendivil, Center for World Music, Hildesheim, das vor drei Jahren Konferenzort des Nationalkomitees der ICTM war, zu einem Symposium die Fachgruppe Musikethnologie /Vergleichende Musikwissenschaft eingeladen, um eventuell zu einer Harmonisierung der Titel zu kommen. Dabei stand weniger die Suche nach einer allumfassenden Bezeichnung, oder einem Etikett, wie es Professor Meier sagte, im Mittelpunkt als die Suche nach einer gemeinsamen Basis oder wie es oft gefordert wurde, nach den Inhalten. Dies scheint auf der einen Seite absurd, denn es gibt kein Fach, außer der Ethnologie, das ein dermaßen weit gefächertes Forschungsgebiet hat. Dass damit die Feldforschungen und damit verbunden die Tonaufnahmen zu einem Alleinstellungsmerkmal des Faches Musikethnologie gehören, ist unbestritten. Es ist auch leider anzunehmen, dass diese Aktivitäten eingeschränkt werden, obwohl es bei manchen Musikkulturen wirklich eilt, da diese sonst bei einem weiteren Eindringen von Radio und TV dem Vergessen anheim fallen, wie in den vergangenen Jahren wiederholt gesagt wurde. Nicht umsonst hatte das Auswärtig Amt im Rahmen seiner Kulturabkommen ein Musikprojekt in Nordnigeria unterstützt, das nicht nur einen Teil der reichen Musikkultur bewahren, sondern auch Musikethnologen vor Ort ausbilden sollte, die diese Sammlungen in eigener Regie weiterführen könnten. Bei der Diskussion wurde aber wiederholt angeführt, dass die Namensbestimmung des Faches von den örtlichen Gegebenheiten abhängig ist. Das heißt, dass die Namensgebung dieses weltumspannenden Faches von lokalen Umständen, das heißt den Geldgebern abhängig war und sehr oft ist.

Das ist ein Dilemma. Die Welt hat sich seitdem sehr geändert, die Musikethnologie kämpft weiter mit Strukturproblemen, die dem Fach gefährlich werden könnten. Die Berufsaussichten des Faches sind immer noch schlecht. Das mag auf der einen Seite dazu führen, dass nur wirklich Begeisterte (wie so oft in der Musik) sich diesem Fach widmen, andererseits kann erwartet werden, dass bei der jungen Generation mit einem mehr pragmatischen Ansatz zum Beruf und Leben sich nicht mehr viel begeisterte und auch belastbare Menschen für dieses Fach finden. Hinzu kommt, dass dem Fach ein ganz neues Aufgabengebiet innerhalb Deutschlands zuwächst. Es sind nicht nur die neuen Medien, die dem Phonogramm Archiv Berlin als Abteilung des Ethnologischen Museums einen etwas unglücklichen Zusatz beschert haben, es ist die neue Bevölkerungsstruktur in den großen Städten, die mit der zunehmenden Zahl an Migranten ein völlig anderes Gesicht erhält. Die Konstruktion der sozialen Identität ist schon ein Thema der Sprachwissenschaftler, die dazu Methoden der Sozialpsychologie einsetzen. Es ist abzusehen, dass man darauf kommt, dass Musik, sei es nun als traditionelle Wurzel oder akkulturiert bei den Migranten als Identität stiftend erkannt wird. Die Europäische Ethnologie in Berlin widmet sich in seinen Projekten dem Migranten Thema und auch die Initiative Berlin Museum will ein Museum für die ganze Bevölkerung Berlins aufbauen. Dieses hat schon den Gründervätern der Musikhochschule und ihrer Bibliothek Curt Sachs und v. Hornbostel vorgeschwebt, deren Ansatz – kommend aus der damaligen Sozialpsychologie-zur Gründung des Phonogrammarchivs führte. Immer wieder spürt man, welch schrecklicher Schlag für die Kultur Deutschland die Vernichtung der Juden war, auch durch die Emigration. Sie verschwanden mit ihren Ideen und Weltanschauungen. Dieser erweiterte Aufgabenbereich wird zu einer Veränderung des Faches führen, dem das Fach eigentlich methodisch mit seiner Kompetenz für Feldforschungen gewachsen sein müsste. Aber ein interdisziplinärer Ansatz ist erforderlich, der ja auch bei der Erforschung der Alltagsmusik notwendig ist. Auch dieses wurde von Vertretern dieses Faches immer schon praktiziert. 
Schon Gerhard Kubik hat in einem Zum Verstehen afrikanischer Musik darauf hingewiesen, dass von den Musikethnologen und der Forschung die Erscheinungen afrikanischer Musik in den USA und besonders in Lateinamerika, vorwiegend Brasilien viel zu wenig beachtet wurden.

Es wurde aber offensichtlich, dass es an einer methodologischen Grundlegung des Faches fehlt. Das Fach wird immer populärer bei ausländischen Studenten, die sich ihrer eigenen Musik in ihrem eigenen Lande widmen wollen. Wie weit Deutschland, z.B. auch durch entsandte Studenten vom Phonogramm Archiv dabei Hebammen Hilfe geleistet hat, ist nie erfasst worden. Aber gerade die Länder Mittel und Osteuropas oder auch Mittelasiens, manchmal eingestimmt durch eine Kulturpolitik, die den einzelnen Ländern Selbstdarstellungen in Parks und Museen erlaubte, haben ein großes Interesse an ihrer eigenen Musik. Man würde den Symposium Mitgliedern und auch der zukünftigen Diskussion die Lektüre dieses Aufsatzes von Wolfgang Lade empfehlen Der letzte und (leider auch erste Versuch) einer methodischen Grundlegung wurde von Artur Simon veröffentlicht . Aber auch dieses Buch beruht auf einem Aufsatz, der schon 1978 einen methodischen Ansatz vorstellte. Es ist auffallend, dass gerade dieses Buch, wie auch das Buch um das Interview mit dem Sänger Dahab von ausländischen Kunden angefordert werden, wie das Dahab Buch aus Abu Dabi.

Dies zeigt, dass eine Methodendiskussion und daran anschließend grundlegende Veröffentlichung einer methodischen Grundlegung dringend notwendig ist. Diese müsste das Gebiet und den Einfluss der Migranten auf ihre Identitätssuche und - Findung durch die Musik mit einschließen. Es ist doch abzusehen, dass Migranten oder wie sie oft heißen Bürger mit Migrationshintergrund dieses einfordern. Wenn diese wirklich Mitbürger werden wollen und sollen, und dies ist ja nötig und gewünscht, dann müssen wir uns gemeinsam auf die Suche nach einer Identität machen, Das ist nicht nur gut für das Zusammenleben mit diesen neuen Bürgern – es würde das Leben aller bereichern, sonst bleibt bunt- nur das Papier. Musik ist ein wunderbarer Stifter von Emotionen und Identität.