Nein, ein Ohrwurm war auch das zweite Berliner Festival zeitgenössischer Musik im Kulturhaus Alte Feuerwache im üblichen Sinne nicht. Aber es diente mit seinem spöttisch hintergründigen Namen dem Sinn und Ziel dieser Veranstaltung, der Begegnung und dem Austausch unter Künstlern - der Geburt der Kreativität.

Nicht von ungefähr war die Ausstellung der personfizierten Holzfiguren der Kinder und Jugendlichen aus den Schulen der Nachbarschaft dem Thema Was bin ich verbunden mit der zukünftigen Vorstellung was will ich sein in der Galerie des Kultushauses erste Plattform der Vorstellungen.

Akkordeon im Fokus zog die Aufmerksamkeit auf die unendlichen Möglichkeiten dieses Instruments, das viele von uns nur als Begleitung zu La Paloma kennen. Der aus Herrenberg angereiste Künstler Dieter Dörrenbächer brachte so nicht nur neue Töne und Melodien zum Klingen – besonders  eindringlich EcyasPi/SanKuDraRa von Ernst Helmuth Flammer - sondern zeigte, wie sehr dieser kreative Einsatz eines wenig bekannten Instrumentes Zuhörer fesseln kann, die oft Akkordeon auch nur aus der oben erwähnten Melodie kennen.

Der Sonnabendnachmittag und Abend versammelte dann trotz tropischer Temperaturen ein neugieriges und kundiges Publikum um die Künstler Georg Wettin, Dresden Klarinette und Jürgen Ruck, Würzburg, Gitarre unter dem Titel Hommage an Pierre Boulez. Hier löste sich der Raum aus seiner Umklammerung und die Klarinette umschwirrte gleichsam die konstante Gitarre und gab dem Konzert in diesem Raum eine zauberhafte Atmosphäre, die Komposition von Art Oliver Simon mit Miszellen II erahnt hatte und von ihr aufgenommen wurde.

Mit dem Galactic Composers' Project auf der Studiobühne des Kulturhauses trug das Festival dem Wunsch Rechnung, nicht nur Begegnung und Austausch sondern auch eine Werkstatt zu sein, für kreative Ideen und Versuche, für neue Klänge und Ausbrüche aus gewohnten Hörgewohnheiten. SAEiten heißt das Stück des in Deutschland fast nie aufgeführten Komponisten aus Rußland Alexandr. Radvilovic, der in seiner Komposition mit den gewöhnlichen Erwartungen an das Klavier aufräumte und wirklich die Saiten zum Klingen brachte. Auf welche überraschende und lustige Weise man mit der Elektronik umgehen konnte zeigte Oliver Portratz mit seinen Improvisationen auf einem Kontrabass präpariert. Dem Instrument wurden Schläuche angesetzt wie einem todkranken Patienten. Dass der Komponist dann diese sich auf dem Podium angesiedelten Hilfsmittel dem Publikum zum Erwerb anbot, zeigte wiederum den hintergründigen Humor auch dieses Beitrages.

Oaarwurm ist Konzert, also Kulturvermittler und Werkstatt gleichzeitig Dazu bedarf es dem Ausbruch aus der üblichen Infrastruktur aus Künstler und Zuhörer. Ein lebendiger, oft auch lustiger Austausch zwischen Komponisten, Künstler und geladenem Publikum muss dazu den Rahmen geben. Und er bewährte sich wieder auf das beste, alle um einen runden Tisch mit Fleischbällchen, Salat und Wein – da sind sich Künstler und Zuhörer als Tischnachbarn begegnet und wurden fesselnde Gespräche intoniert, die Kreativität in den Mittelpunkt stellten.

Wir haben Angst, wir brauchen Neugier. Schreibt DIE Zeit vom 25. Mai: 31.

In der digitalen Umwälzung hilft sie nicht,  aber wir brauchen mehr denn je Kreativität als zentralen Produktionsfaktor der Wissenschaft  und nicht nur dort sondern auch für die neue Gestaltung einer Umwelt und eines gesellschaftlichen Zusammenlebens, das zunehmend auf den Kopf gestellt wird. Künstler in ihrer grenzenlosen Phantasie und Kreativität sollten unsere Gesprächspartner sein – nutzen wir dieses.

Dass dies bei diesem Festival so gut gelang, war auch der guten Kooperation und dem während des Abends unermüdlichen Einsatz des Hauses zu verdanken. Dazu gehört auch Uwe, immer im Einsatz mit nie versagender guter Laune, auch er Träger dieses wunderbaren Festivals.   

Wann machen Sie wieder solch ein Festival -am besten gleich -ein zweites sagten die Gäste

Gerne, sehr gerne würden wir mit Ooaarwum 3 diesen Erfolg im nächsten Jahr wiederholen und weiterführen.