Donnerstag, den 22, Januar 2015, 18.00 Uhr 

In der Universitätsbibliothek Bochum 
Universitätsstrasse 150 44801 Bochum 
7 Jahrzehnte Bildungsrevolution im Revier und was noch ? mit Willi Bredemeier und Dr.- Gerhard Finking

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Warum das Ruhrgebiet hinter seinen Chancen auf Erneuerung zurückgeblieben ist

Einladung zu einer kontroversen Debatte Mit einer Lesung aus "Anti-Heimat-Roman"und einem Ausblick auf Strategien für die künftige Entwicklung

"7 Jahrzehnte Bildungsrevolution im Revier - und was noch?" Zu diesem Thema lädt die Universitätsbibliothek Bochum für den 22. Januar (18 Uhr) in ihre Räume ein. Dr. Willi Bredemeier liest aus seinem "Anti-Heimat-Roman - Bildungsreisen durch ein unbekanntes Land 1943 - 2014". In seinem Ausblick "Chancen für das Revier: Die Karten werden neu gemischt" blickt Min.Rat a.D. Dr. Gerhard Finking auf die Zukunft des Ruhrgebiets und fragt, wie sich die bislang partiell gebliebene Modernisierung des Reviers vervollständigen lässt. In der anschließenden Debatte sind Experten und Interessenten aufgefordert, Fragen zu stellen und streitig zu erötern, wie das Revier seine Entwicklung in die eigene Hand nehmen und die Hochschule ihren Beitrag zur regionalen Erneuerung leisten kann. Es spielt die Band "The Holy Island" (Hattingen/ Sprockhövel). Beim anschließenden "Kleinen Empfang" wird Gelegenheit zum Netzwerken gegeben.

Zum "Anti-Heimat-Roman": Willi Bredemeier schildert in einer Familiensaga, wie die zunächst engen Beziehungen zwischen den Einwanderern ins Ruhrgebiet und ihren Herkunftsregionen in sieben Jahrzehnten zerbröseln, wie sich das Revier mit fortschreitender Bildungsrevolution radikal verändert und wie sich die Konflikte zwischen altem und neuem Ruhrgebiet verschärfen. Dazu hat Prof. Umstätter in seiner Rezension in Libreas festgestellt: "Vieles dessen, was hier beschrieben wird, ist zu realistisch, um es als Satire zu bezeichnen, trotzdem liest sich diese Bildungsreise unterhaltsam wie eine Satire" (libreas.eu/ausgabe25/ 10umstatter). Bredemeier hat die Milieus, die er beschreibt - Bergarbeiterkolonie, Zeitungsdruckerei, Versicherungen, Stadtverwaltungen, Zeitungs- und Zeitschriftenredaktionen, Forschung, Lehre und Technologietransfer an den Hochschulen des Ruhrgebiets, Ruhrgebietspolitik und Gründerkultur inmitten von Start-up-Unternehmen - selbst kennen gelernt. Bedeutende Teile des Buches spielen an der Ruhr-Universität Bochum und in ihrem Umfeld. Dabei werden auch Fragen wie diese behandelt: Was haben uns die Investitionen in die vielen Köpfe unserer Bildungsreserven gebracht? Studentenrevolte in Bochum - provinzielles Ereignis oder wesentliche Impulse für die Erneuerung der Region? Forschung für die Region: Verzettelung in Partikularismen, Verkauf an die Auftragsforschung oder Verstärkung eines Innovationsstroms? Bredemeier blickt auf die Region wie auf "ein unbekanntes Land", das sich in vielen Aspekten von den geleckten Werbebroschüren der Ruhrgebietskommunen unterscheidet.

Zur partiellen Modernisierung des Ruhrgebiets: Bredemeier und Finking vertreten die These, dass das Ruhrgebiet aus institutionellen und politischen Gründen hinter den Chancen seiner Erneuerung zurückgeblieben ist. Dazu werden im Roman das nie zugegebene Debakel um das Ruhrgebietsprogramm der Landesregierung, die teilweise Verweigerung einer erfolgversprechenden Wirtschaftsförderung auf kommunaler Ebene, der weitgehende Verzicht auf eine politische Strategie gegenüber Kohle und Stahl, die Behandlung der Flächenverknappung im Ruhrgebiet (Bergehalden!) auf einer nur partikularen und oberflächlichen Ebene und die Beschränkung der Medien des Ruhrgebiets auf eine Berichterstattung außerhalb jeder kritischen Öffentlichkeit thematisiert. Bedarf das Ruhrgebiet einer neuen institutionellen Struktur, damit der Sprung zu einer wettbewerbsfähigen Region im Vergleich zu Köln, Hamburg und München gelingt? Dr. Finking nennt mehrere Technologiebereiche, die das Revier aktuell nach vorn bringen können.

Die "Macher" der Veranstaltung: Als Sohn eines Bergmanns und nach Jahren als Industriearbeiter und Versicherungskaufmann holte Willi Bredemeier das Abitur am Dortmunder Abendgymnasium nach und studierte Sozialwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum (spätere Promotion in Volkswirtschaftspolitik). Dort nahm er an der Studentenrevolte teil. Später führte er als Beauftragter des Rektors die Kommunalverwaltungen des Ruhrgebiets mit den Forschungspotenzialen der Ruhr-Universität zusammen und führte die Forschungsprojekte "Der Markt für Forschungsleistungen im Umfeld der Ruhr-Universität Bochum" und "Der Markt für Weiterbildungsleistungen an der Ruhr-Universität Bochum" durch. Als Geschäftsführer einer Agentur für Technologietransfer ("ITZ") sollte er die Forschungspotenziale der neuen Ruhrgebietshochschulen von Duisburg über Bochum bis Dortmund und Hagen für die Belange der Region bündeln. Auch als Redakteur einer Ruhrgebietszeitung und als Herausgeber zweier Ruhrgebietszeitschriften ("Arbeitsmarkt Ruhr" und "idee ruhr") beobachtete er die politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung des Reviers aus der Nähe. Bredemeier wohnt heute in Hattingen und gibt eine Fachzeitschrift für Internet-Dienste im 28. Jahrgang heraus.

Gerhard Finking studierte und promovierte an der Ruhr-Universität Bochum und nahm gleichfalls an der Studentenrevolte teil. Im Bundesministerium für Forschung und Energie war er für die Förderung neuer Energien zuständig, ein Bereich, auf den das Revier über mehrere Jahrzehnte besonders gesetzt hat. - Die Ruhrgebiets-Band "The Holy Island" ist aus der Jugendarbeit der evangelischen Kirche hervorgegangen.